546. Am grabe bebt, gehüllt in dunkelheiten

1 Am grabe hebt, behüllt in dunkelheiten,
Der blöde geist, bestürmt von bangem leid;
Dankt kummervoll der schnell verfloß'nen zeiten,
Blickt angstvoll auf und denkt die ewigkeit;
Gedanke voll von quaal und tod,
Mir, der ich mich ergötzt an eitelkeit und koth.

2 Mein fuß betritt den moder meiner brüder,
Verwesung dun stet aus den gr¨bern auf,
Mit kaltem schauer blick ich zitternd nieder;
Sie sind nicht mehr, sie schlossen ihren lauf.
Auch mir eröffnet sich das grab,
Des lebens schwache kraft nimt schwindend stündlich ab.

3 Verfloß'nt zeit, wie marterst du die seele!
Wie pfeile fliehn, so schossest du vorbey,
Nun ist die welt mir eine marterhöle,
Mein elend wird mit jedem morgen neu.
Der jugend beste kraft verschwand,
Und ich, o marter! bin mit Jesus unbekant.

4 Hier ziehet sich vor meinem angesichte
Das schwarze heer der jugendsünden auf.
Ich fühle sie, die hand der strafgerichte;
Mich schreckt mein ganzer vor'ger lebenslauf.
Das bange herz läßt mich nicht ruhn,
Es fragt bey tag und nacht, mein Gott! was soll ich thun?

5 Hier fliehe ich, mein heil, zu deinen wunden;
Dein wort ertheilt den blöden herzen muth.
Dir schenk ich den überrest der stunden.
Mein jesu, heile du mich durch dein blut!
Ich selbst kan nichts als sünde thun,
Ich will daher allein in diener arbeit ruhn.

6 Du wirkest selbst das wollen und voll bringen,
Ich bin der thon, und deiner allmachts-hand
Muß wahrlich doch das werk einmal gelingen;
Zerreisse du der sünden starkes band,
Und nim den hartgebund'nen sinn,
Mein theurer retter, doch zu deiner leitung hin!

7 Mein glaube wächst, der kammer ist verschwunden;
Dort reicht mein jesus mir die treue hand.
Ich habe nun den sichern weg gefunden.
Der hirte selbst führt mich ins vaterland.
In ihm erschreckt der tod nicht mehr;
Eröffnet nur mein grab! es ist von schrecken leer.

8 Ich lalle kand, meine Heiland für die treue
Die mir dem sünden knechte widerfuhr.
Hilf! daß ich mich durch deinen Geist verneue
Und walle fort auf der betret'nen spur,
Bis mich nach thränen, kampf und streit
Die stille sabbaths-ruh der ewigkeit erfreut.

Text Information
First Line: Am grabe bebt, gehüllt in dunkelheiten
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Tode und der Auserstehung; Death and Resurrection
Notes: Mel. O liebe, die den himmel
Tune Information
(No tune information)



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