370. Schwing' dich auf zu deinem Gott

1. Schwing' dich auf zu deinem Gott,
Du betrübte seele!
Warum liegst du, Gott zum spott,
In der schwermuthshöhle?
Merkst du nicht des satans list?
Er will durch sein kämpfen,
Deinen trost, den Jesus Christ
Dir erworben, dämpfen.

2. Schüttle deinen kopf und sprich:
Fleuch, du alte schlange!
Was erneu'rst du deinen stich,
Machst mir angst und bange?
Ist dir doch der kopf zerknickt,
Und ich bin durch's leiden
Meines Heiland's dir entrückt
In den saal der freuden.

3. Wirfst du mir mein sünd'gen für:
Wo hat Gott befohlen,
Daß mein urtheil über mir
Ich bei dir soll holen:
Wer hat dir die macht geschenkt,
Andre zu verdammen?
Der du selbst doch liegst versenkt
In der höllen flammen.

4. Hab' ich was nicht recht gethan,
Ist mir's leid von herzen:
Da hingegen nehm ich an
Christi tod und schmerzen:
Denn das ist die ranzion
Meiner missethaten:
Bring' ich dies vor Gottes thron,
Ist mir wohl gerathen.

5. Stürme, teufel, und du, tod!
Was könnt ihr mir schaden?
Deckt mich doch in meiner noth
Gott mir seiner gnaden,
Der Gott, der mir seinen Sohn
Selbst verehrt aus liebe,
Daß der ew'ge spott und hohn
Mich dort nicht betrübe.

6. Schreie, tolle welt! es sei
Mir Gott nicht gewogen!
Es ist lauter täuscherei
Und im grund erlogen.
Wäre Gott mir gram und feind,
Würd' er seine gaben,
Die mein eigen worden seind,
Wohl behalten haben.

7. Denn was ist im himmelszelt?
Was im tiefer meere?
Was ist gutes in der welt,
Das mir nicht gut wäre?
Weme brennt das sternenlicht?
Wozu ist gegeben
Luft und wasser, dient es nicht
Mir und meinem leben?

8. Ich bin Gottes, Gott ist mein:
Wer ist, der uns scheide?
Dringt das liebe kreuz herein
Mit dem bittern leide?
Laß es dringen, kömmt es doch
Von geliebten händen,
Bricht und kriegt geschwind ein loch,
Wenn es Gott will wenden.

9. Kinder, die der vater soll
Ziehn zu allem guten,
Die gerathen selten wohl
Ohne zucht und ruthen:
Bin ich denn nun Gottes kind,
Warum will ich fliehen,
Wenn er mich von meiner sünd'
Auf was gut's will ziehen?

10. Es ist herzlich gut gemeint
Mit der christen plage:
Wer hier zeitlich wohl geweint,
Darf nicht ewig klagen;
Sondern hat vollkommne lust
Dort in Christi garten,
Als aus seinem wort bewußt,
Endlich zu gewarten.

11. Gottes kinder säen zwar
Traurig und mit thränen.
Aber endlich bringt das jahr,
Wornach sie sich sehnen;
Denn es kömmt die erntezeit,
Da sie garben machen,
Da wird all' ihr gram und leid
Lauter freud' und lachen.

12. Ei, so faß', o christenherz,
Alle deine schmerzen,
Wirf sie fröhlich hinterwärts,
Laß des trostes kerzen
Dich entzünden mehr und mehr,
Gib dem großen namen
Deines Gottes preis und ehr':
Er wird helfen, Amen.

Text Information
First Line: Schwing' dich auf zu deinem Gott
Author: Paul Gerhard (1676)
Language: German
Publication Date: 1862
Topic: Kreuz-und Trost-Lieder
Notes: Mel. Jesu Leiden, Pein und Tod. 66.
Tune Information
(No tune information)



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