512. O daß ich tausend zungen hätte

1 O daß ich tausend zungen hätte,
Und einen tausendsachen mund!
So stimmt' ich damit um die wette,
Vom allertiefsten herzensgrund,
Ein loblied nach dem andern an,
Von dem, was Gott an mir gethan.

2 O! daß doch meine stimme schallte
Bis dahin, wo die sonne steht.
O! daß mein blut mit jauchzen wallte,
So lang es noch im laufe geht!
Ach! wär ein jeder puls ein dank,
Und jeder athem ein gesang!

3 Was schweigt ihr denn, ihr meine kräfte?
Auf, auf, braucht allen euren fleiß,
Und stehet munter im geschäfte,
Zu Gottes, meines Herren, preis:
Mein leib und seele, schicke dich,
Und lobe Gott herzinniglich.

4 Ihr grünen blätter in den wäldern,
Bewegt und regt euch doch mit mir;
Ihr schwanken gräschen in den feldern,
Ihr blumen, laßt doch eure zier
Zu Gottes ruhm belebet seyn,
Und stimmet lieblich mit mir ein.

5 Ach! alles, alles, was ein leben
Und einen athem in sich hat,
Soll sich mir zu gehülfen geben;
Denn mein vermögen ist zu matt,
Die grossen wunder zu erhöhn,
Die allenthalben um mich stehn.

6 Dir sey, o allerliebster Vater,
Unendlich lob für seel und leib;
Lob sey dir, mildester berather!
Für allen edlen zeitvertreib,
Den du mir in der ganzen welt
Zu meinem nutzen hast bestellt.

7 Mein treuster Jesu, sey gepriesen,
Daß dein erbarmungsvolles herz
Sich mir so hülfreich hat erwiesen,
Und mich durch blut und todes-schmerz
Von aller teufel grausamkeit
Zu deinem eigenthum befreyt.

8 Auch dir sey ewig ruhm und ehre,
O heilig werther Gottes-Geist!
Für deines trostes süsse lehre,
Die mich ein kind des lebens heißt,
Ach! wo was guts von mir geschicht,
Das wirket nur dein göttlich licht.

9 Wer überströmet mich mit segen?
Bist du es nicht, o reicher Gott!
Wer schützet mich auf meinen wegen?
Du, du, o Herr Gott Zebaoth,
Du trägst mit meiner sünden-schuld
Unsäglich gnädige geduld.

10 Vor andern küß ich deine ruthe,
Die du mir aufgebunden hast;
Wie viel thut sie mir doch zu gute,
Und ist mir eine sanfte last;
Sie macht mich fromm, und zeigt dabey,
Daß ich von deinen liebsten sey.

11 Ich hab es ja mein lebetage,
Schon so manch liebes mal gespürt,
Daß du mich unter vieler plage
Durch dick und dünne hast geführt:
Denn in der grössesten gefahr,
Ward ich dein trost-licht stets gewahr.

12 Wie sollt ich nun nicht voller freuden
In deinem steten lobe stehn?
Wie wolt ich auch im tiefsten leiden
Nicht triumphirend einher gehn?
Und fiele auch der himmel ein,
So will ich doch nicht traurig seyn.

13 Drum reiß ich mich jetzt aus der höle
Der schnöden eitelkeiten loß,
Und rufe mit erhöhter seele:
Mein Gott! du bist sehr hoch und groß!
Kraft, ruhm, preis, dank und herrlichkeit
Gehört dir jetzt und allezeit.

14 Ich will von deiner güte singen,
So lange sich die zunge regt,
Ich will dir freuden-opfer bringen,
So lange sich mein herz bewegt:
Ja wenn der mund wird kraftlos sein,
So stimm ich doch mit seufzen ein.

15 Ach! nim das arme lob auf erden,
Mein Gott, in allen gnaden hin!
Im himmel soll es besser werden,
Wenn ich ein schöner engel bin:
Da sing ich dir im höchsten chor
Viel tausend Halleluja vor.

Text Information
First Line: O daß ich tausend zungen hätte
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Lobe Gottes; Praise of God
Notes: Mel. Wer nur den lieben G.
Tune Information
(No tune information)



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