234. Aus gnaden soll ich selig werden

1. Aus gnaden soll ich selig werden;
Herz! glaubst du's, oder glaubst du's nicht?
Was willst du dich so blöd' geberden?
Ist's wahrheit, was die schrift verspricht?
So muß auch dieses wahrheit sein:
Aus gnaden ist der himmel dein.

2. Aus gnaden!--hier gilt kein verdienen,
Die eignen werke fallen hin;
Gott, der aus lieb' im fleisch erschienen,
Bringt uns den seligen gewinn,
Daß uns sein tod das heil gebracht
Und uns aus gnaden selig macht.

3. Aus gnaden!--merk' dies wort: aus gnaden!
So oft dich deine sünde plagt,
So oft dir will der satan schaden,
So oft dich dein gewissen nagt;
Was die vernunft nicht fassen kann,
Das beut dir Gott aus gnaden an.

4. Aus gnaden kam sein Sohn auf erden
Und übernahm die sündenlast;
Was nöthigt' ihn, dein freund zu werden?
Sag's, wo du was zu rühmen hast!
War's nicht, daß er dein bestes wollt'
Und dir aus gnaden helfen sollt'?

5. Aus gnaden!--dieser grund wird bleiben,
So lange Gott wahrhaftig heißt;
Was alle knechte Jesu schreiben,
Was Gott in seinen wort anpreis't,
Worauf all' unser glaube ruht:
Ist gnade durch des lammes blut.

6. Aus gnaden,--doch du sich'rer sünder,
Denk nicht: wohlan, ich greif' auch zu!
Wahr ist's, Gott rufet Adams kinder,
Aus gnaden zur verheißnen ruh':
Doch nimmt er nicht aus gnaden an,
Wer noch auf gnade sünd'gen kann.

7. Aus gnaden!--wer dies wort gehöret,
Tret' ab von aller heuchelei;
Denn wenn der sünder sich bekehret,
So lernt er erst, was gnade sei;
Beim sünd'gen scheint die gnad' gering,
Dem glauben ist's ein wunderding.

8. Aus gnaden bleibt dem blöden herzen
Das herz des Vaters aufgethan,
Wenn's unter größter angst und schmerzen
Nichts sieht und nichts mehr hoffen kann.
Wo nähm' ich oftmals stärkung her,
Wenn gnade nicht mein anker wär'!

9. Aus gnaden! -- hierauf will ich sterben;
Ich fühle nichts, doch mir ist wohl;
Ich kenn' mein sündliches verderben,
Doch auch den, der mich heilen soll.
Mein geist ist froh, die seele lacht,
Weil mich die gnade selig macht.

10. Aus gnaden! dies hör' sünd' und teufel,
Ich schwinge meine glaubensfahn',
Und geh' getrost trotz allem zweifel
Durch's rothe meer nach Canaan.
Ich glaub', was Jesu wort verspricht,
Ich fühl' es oder fühl' es nicht.

Text Information
First Line: Aus gnaden soll ich selig werden
Author: C. L. Scheidt
Language: German
Publication Date: 1862
Topic: Vom Glauben und der Rechtfertigung
Notes: Mel. wer nur den lieben Gott. 35.
Tune Information
(No tune information)



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